“Poor Things”-Kritik: So wild und feministisch hast du Frankenstein noch nicht gesehen
Nach “Saltburn” kommt mit “Poor Things” bereits der nächste ästhetische Arthouse-Film mit Mainstream-Stars, bei dem alle nach dem Anschauen nur über die Sex-Szenen sprechen. Doch neben den freizügigen Szenen ist Yorgos Lanthimos’ (“The Fourite”, “The Lobster”) neuster Film für mich vor allem eine lebensbejahende, feministische und unglaublich lustige neue Variante von Frankenstein. Basierend auf dem gleichnamigen Buch vom schottischen Schriftsteller Alasdair Gray geht es in “Poor Things” um eine junge Frau, die sich auf eine Reise zu ihrem authentischsten Selbst begibt. Dabei beweist sie, dass sie auf keinen Fall eines der titelgebenden “Poor Things” oder “Armen Dinge” ist.
Mehr lesenEmma Stone: In diesem neuen Film verkörpert sie eine empowerte Version von Frankensteins Monster – sieh hier die ersten BilderVon Ursula Schmied
Darum geht es in “Poor Things” mit Emma StoneDie Geschichte in “Poor Things” verbindet Fantasy und Sci-Fi und bedient sich dabei an Elementen aus Mary Shelley’s “Frankenstein”. Dr Godwin Baxter (Willem Dafoe), der von allen nur “God” genannt wird, ist ein bekannter und genialer Chirurg. Anders als Dr. Frankenstein ist Dr. Baxter bereits äußerlich als Monster zu erkennen. Durch sein vernarbtes Gesicht – Grund dafür sind die Experimente seines Vaters an ihm – flößt er den übrigen Menschen Angst ein und bleibt eher für sich. Wenn man sich in seinem Haus umsieht, so erkennt man, dass er eine Vorliebe dafür hat, neues Leben zu erschaffen: Ein Hund mit Gänsekopf schiebt sich zum Beispiel immer wieder durchs Bild.
Seine größte Kreation: Bella Baxter (Emma Stone). Sie hat den Intellekt eines Neugeborenen und den Körper einer jungen Frau. Als Godwin den eifrigen Studenten Max McCandles (Ramy Youssef) einstellt, um über Bella empirische Daten zu sammeln, sieht man, wie schnell sie Entwicklungsfortschritte macht. Bis jetzt war sie ihr gesamtes Leben in den Wänden ihres Schöpfers eingesperrt – doch schnell sehnt sich Bella nach mehr: mehr Essen, mehr Wissen, mehr Sex.
Eigentlich soll sie Max heiraten und für immer im Haus ihres Schöpfers wohnen, doch als der charmante und lüsternde Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo, mit einem unverständlichen Akzent) vorbeikommt, brennt sie mit ihm durch. Obwohl es erst so aussieht, als ob Duncan sie für eigene Zwecke benutzt, stellt sich schnell heraus, dass man Bella zu überhaupt nichts zwingen kann – und dass sie immer ihren eigenen Weg geht.
Zuvor haben die Zuschauer:innen Bellas Welt in körnigem Schwarz-Weiß wahrgenommen, doch als sich Bellas Horizont erweitert, wird auch der Bildschirm in Farbe getaucht. Die langweiligen Grautöne verwandeln sich in exzentrische, helle Farben einer Fantasy-Steampunk-Welt, die Bellas Neugier und Staunen auch für die Zuschauer:innen greifbar machen.
Emma Stone ist fantastisch in “Poor Things”Emma Stone ist eine fantastische Schauspielerin, darüber müssen wir gar nicht reden. Doch ihre Rolle als Bella Baxter in “Poor Things” ist so herausragend, dass sich ein weiterer Blick auf den Charakter und das Talent von Emma Stone lohnt.